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Erklärung Des Bezirksbürgermeisters In Bothfeld-Vahrenheide Zum Haushaltssicherungskonzept XI

Erklärung des Bezirksbürgermeisters in Bothfeld-Vahrenheide zum Haushaltssicherungskonzept XI

Erklärung des Bezirksbürgermeisters in Bothfeld-Vahrenheide, Dr. Wjahat Waraich, zum TOP 7.1. Haushaltssicherungskonzept XI im Rahmen der 10. Sitzung des Stadtbezirksrates Bothfeld-Vahrenheide am 16.11.2022

Meine Damen,
meine Herren,

morgen, am 17.11., werde ich genau ein Jahr als neuer Bezirksbürgermeister im Amt sein. Genau ein Jahr wird vergangen sein, nachdem der amtierende Bezirksrat, nach der erfolgten Kommunalwahl im vergangenen Herbst, demokratisch legitimiert und durch die Bürgerinnen und Bürger gewählt, zusammengekommen ist und sich neu konstituiert hat.

Ich möchte Ihnen mitteilen, dass mich dieses erste Amtsjahr, neben all den anderen Pflichten und Aufgaben, die ein Bürger meines Alters in diesem Land hat, mich besonders gefordert, aber auch gefördert hat.
Ich habe pflichtbewusst und aus Respekt vor dem Amt des Bezirksbürgermeisters, aus Respekt vor dem Bezirksrat und vor dem eindeutigen Wählervotum mein Bestes gegeben die in mich gesteckten Erwartungen zu erfüllen, auch die Erwartungen zu erfüllen die der Bezirksrat in mich legt.
Mir war und ist bewusst, dass auch die außergewöhnliche Höhe der persönlichen Stimmen der Wählerinnen und Wähler ein Vertrauensvorschuss sind, den ich nicht zu verletzen gedenke.
Sie können und werden daher weiterhin mit mir rechnen als Bezirksbürgermeister die Interessen des Stadtbezirks und unserer Bürgerinnen und Bürger offen zu vertreten und dafür einzustehen.

Im uns vorgelegten Haushaltssicherungskonzeptes zur Konsolidierung und Sicherung des Haushaltes der LHH in den nächsten Jahren wird u.a. die Reduzierung der Anzahl Bezirksräte und damit zugleich die Vergrößerung der Bezirksratszuschnitte angestrebt.
So konnten wir erfahren, dass es auch um eine Reduzierung der den Bezirksrat unterstützenden Verwaltung geht, also darum Bezirksratsbetreuung und Bezirksratsmanagement zusammenzuführen. Insbesondere steht die Stelle des Bezirksratsmanagers zur Disposition.
Die Maßnahmen zielen darauf ab Personal und finanzielle Mittel einzusparen.

Beide geplanten Maßnahmen lehne ich als Bezirksbürgermeister ab und begründe meine Haltung wie folgt:

Es entsteht zunehmend der Eindruck, dass Teile der Verwaltung und Teile der Ratspolitik die Arbeit der Bezirksbürgermeister/innen und Bezirksräte verkennen und die Bedeutung dieser Arbeit für die Bürgerinnen und Bürgern in den Stadtteilen chronisch unterschätzen.

Die Bezirksbürgermeister/innen und Bezirksräte leisten in ehrenamtlicher Tätigkeit einen enormen Beitrag für die Landeshauptstadt und für die Stadtgesellschaft.
Dieses ehrenamtliche Engagement ist nicht in Geld zu messen!

Als Bezirksbürgermeister bin ich durchschnittlich 30-35 Stunden in der Woche im Amt aktiv, in meinem Bezirk unterwegs und nehme zahlreiche Termine wahr, führe Telefonate, beantworte tagtäglich postalische wie elektronische Schreiben und Anfragen, genauso führe ich Gespräche beim Einkaufen oder führe vor Ort Besuche durch – neben meiner beruflichen Vollzeittätigkeit als Arzt. Dabei nehme ich jede Anfrage oder jede Bitte, die an mich herangetragen wird, ernst.
So geht es auch den anderen Bezirksbürgermeistern und Bezirksräten, auch den Kolleginnen und Kollegen in anderen Stadtbezirken, die in ihrer Freizeit für die Bürgerinnen und Bürger direkt vor Ort ansprechbar sind und viel Zeit und Arbeit in dieses politische Ehrenamt investieren.

Der Stadtbezirksrat Bothfeld-Vahrenheide trägt Verantwortlichkeiten für über 50.000 Bürgerinnen und Bürger.
Von der Fläche handelt es sich um den größten Stadtbezirk in Hannover – vom Alten Flughafen in Vahrenheide an der Vahrenwalder Straße bis hin zur Zentraldeponie in Lahe in der Nähe des Sonnensees, Das sind über 30 km2.

Im Vergleich zu den 21 Städten und Gemeinden der Region Hannover sind von der Einwohnerzahl nur die Landeshauptstadt, Garbsen und Langenhagen – letztere knapp – größer. Während dort hauptamtliche Bürgermeister, genau wie in anderen Kommunen der Region – obwohl deutlich kleiner – einen ganzen Verwaltungsapparat besitzen, leben wir unsere Basisdemokratie im Ehrenamt.

Und aufgrund des besonderen, ehrlichen und fleißigen Engagements der heute wieder hier anwesenden Bezirksratsmitglieder – manch eine oder einer von Ihnen macht das schon viele, viele Jahre – weiß ich, dass wir dieses Engagement gerne an den Tag legen und wir uns zu unserem Ehrenamt als Bezirksräte bekennen und alles daran setzen unserer Verantwortung gerecht zu werden!

Wir sind für nahezu für alle Belange, die die Stadtteile betreffen erster Ansprechpartner, per Telefon, Mail, Brief oder werden direkt angesprochen.

Wir erleben hierbei nicht nur Lob, sondern sind auch enormer Kritik, Druck, Anfeindungen oder dem Frust der Bürgerinnen und Bürger ausgesetzt. Oft auch für politische Entscheidungen, für die wir nichts können oder die wir in der Sache nie so entschieden haben.

Diesem Auffangbecken für die Belange der Menschen vor Ort können wir nur gerecht werden, wenn wir als Bezirksräte in Zukunft nicht geschwächt werden!

In Zeiten der zunehmenden Politikverdrossenheit, Frustration, Enttäuschung über Politik, in Zeiten der Polykrisen und enormen – auch perspektivisch – zunehmenden Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger merken wir bereits heute, wie angreifbar unsere Demokratie ist – wenn etwa immer mehr Menschen sich dazu entscheiden, nicht zur Wahl gehen (s. letzte Landtagswahl) und das Vertrauen in die Politik zunehmend verlieren.

In diesen Zeiten ist es daher fatal an der unmittelbarsten und direkten Form der Demokratie und politischen Teilhabe zu sparen, es ist gar gefährlich!

Wenn das politische Ehrenamt und die politische Erreichbarkeit an dieser Stelle geschwächt werden, laufen wir Gefahr manche Menschen gar nicht mehr zu erreichen und viele abzuhängen, weil uns die Kapazitäten und Möglichkeiten fehlen sich um die Belange, auch um spezielle Belange, ausreichend zu kümmern. Das politische Ehrenamt kann nicht alles auffangen!
Wir benötigen auch in Zukunft die uns unterstützende Hauptamtlichkeit, erst recht in schwierigen Zeiten –
und damit meine ich die Bezirksratsbetreuung und Bezirksratsmanagement – auf beide sind wir angewiesen!

Die Bezirksräte sind die gewählten Vertreter ihres Bezirkes und damit auch demokratisch legitimiert an Entscheidungen mitzuwirken, insbesondere wenn diese den Bezirksrat betreffen, in dem man zuständig ist.

Damit hat der Rat weder die alleinige demokratische noch moralische Legitimation, wenn dieser sich in diesen Kernfragen über die Entscheidung eines Bezirksrates hinwegsetzt und eine grundlegende Änderung beschließt, etwa eine Verschmelzung mit einem anderen Bezirksrat und damit die bestehende Konstitution eines Bezirksrates als solche angreift und verändert.

Ich warne davor solche fundamentalen Eingriffe leichtfertig vorzunehmen – das Votum der Bezirksräte über die Frage der Fusion darf nicht missachtet werden – weder von der Verwaltung noch vom Rat!

 Der damalige Oberbürgermeister und heutige Ministerpräsident, Stephan Weil, hat der Verwaltung im Jahr 2007 zu Recht den Auftrag erteilt ein Konzept zur Einführung der Stadtbezirksmanager zu erarbeiten, welches letztlich auch vom damaligen Rat mit deutlicher Mehrheit verabschiedet worden ist.
Dieses Konzept war damals den Notwendigkeiten geschuldet, das politische Ehrenamt zu unterstützen, die Verwaltung, Bürgerinnen und Bürger und Ehrenamtliche besser zu verzahnen.

Es ging darum die Basisdemokratie und damit auch die niedrigschwelligen Möglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger Politik anzusprechen zu stärken.
Das, was damals richtig war und weitsichtig beschlossen wurde, ist heute ein großer Erfolg und daher ist es falsch und kurzsichtig an diesen Errungenschaften zu sägen oder diese gar abzuschaffen!

Gleichwohl sehe ich, sehen sehr viele der von uns hier Anwesenden, die Notwendigkeit eines HSK und auch die Notwendigkeit der Einsparungen. Die Haushaltslage der LHH war noch nie so prekär und die Zeiten werden absehbar nicht besser werden.

Wir Bezirksräte sind bereit für eine sachliche Auseinandersetzung und fragen uns beispielsweise, ob es in der heutigen Zeit unbedingt notwendig ist, die vielen Tonnen Papier jedes Jahr für die Bezirksräte zu bedrucken und mit einem eigenen Fahrtdienst in allen Stadtteilen auszuliefern. Ferner bin ich davon überzeugt, dass die Digitalisierung einiges an Prozessen erleichtern und zu Einsparungen führen kann. Ich halte es auch für eine gute Idee, wenn wir bspw. in einer Kommission darüber reden, wo noch zusätzliche Einsparungen bei den Bezirksräten möglich sind.

Gleichwohl wusste bereits unser ehemaliger Bundespräsident, Gustav Heinemann: „Wer auf andere mit dem ausgestreckten Zeigefinger zeigt, der deutet mit drei Fingern seiner Hand auf sich selbst“. Ich freue mich daher auch vom Rat der LHH zu hören, wo dieser gedenkt Einsparungen bei sich selbst, also beim Rat und seiner Verwaltung vorzunehmen. Für Vorschläge sind wir offen, lassen Sie uns konstruktiv und nicht destruktiv unserer Stadt helfen!

Vielen Dank!

 

Es gilt das gesprochene Wort. 

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